Zeitschrift

DAS SCHÖNSTE LAND

Historische Lieder aus
dem deutschen Südwesten

Von Rittern, Bauern und Geistlichkeit 

Heft 2-3/2001 , Hrsg.: LpB



 

Inhaltsverzeichnis 

 

"Ein lidlin von den richstetten"
(Lied der Raubritter)

Es gibt wenige Zeugnisse, die unmittelbar von Raubrittern stammen. Das vorliegende gibt einen einzigartigen Einblick in die Mentalität dieser Gruppe. Das Raubritterlied stammt aus einer Liederhandschrift des 15. Jahrhunderts, übermittelt wurde es daraus von dem Germanisten Roth an den Liedersammler Liliencron. Zitiert wird hier nach Steiff / Mehring. Die Melodie ist nicht erhalten. In der vorliegenden Fassung wird eine Melodie von Oswald von Wolkenstein verwendet. Bei Oswald heißt es "Es nahet gen der vasenacht", das Lied der Raubritter beginnt: "Es nahet gein der sumer zit".

Das Lied ist 1440 oder 1441 entstanden, Oswald von Wolkenstein starb 1445, seine Lieder waren zu dieser Zeit also bereits sehr verbreitet. Die Strophen sind bei Oswald länger, dennoch lässt sich der Grundduktus leicht übertragen.  

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Der zu Grunde liegende Vorfall war einer von vielen Überfällen auf Ulmer Kaufleute. Hintergrund war die zunehmende Verarmung des niederen Adels, der versuchte sich auf diese Weise über Wasser zu halten. Andererseits war die territoriale Gewalt noch nicht genügend entwickelt, um die Wegelagerer in ihre Schranken zu weisen. Die Städte schlossen sich deshalb zu einem Bund zusammen, um gemeinsam gegen solche Gefahren vorzugehen.

Ein Vorfall dieser Art ist auch aus der Ulmer Chronik überliefert und es liegt nahe, dass dies der reale Hintergrund für das Lied ist. Danach wurde im Jahr 1440 ein Zug Ulmer Kaufleute bei der Heimreise von der Frankfurter Messe im Filstal von Heinrich Schilling und Sigfried von Zülnhard überfallen. Fünfzehn Personen wurden gefangen genommen und vierzig Pferde sowie Waren im Wert von fünftausend Gulden geraubt.

Bauernkrieg und Reformation

Ein bündisch Liedlein

Das "püntisch" Liedlein zeigt die Erhebung der Bauern aus deren Sicht. Thematisiert werden einige der Beschwerden, zum Beispiel Wucher und Willkür durch die Obrigkeit. Das Lied schildert die Situation der Bauern aus dem Hegau. Als Autor bekannte sich ein Conz Annahans, allerdings wurden viele Strophen dazugedichtet. Gesungen wird es zu einer bekannten Melodie aus dem 16. Jahrhundert ("Wo soll ich mich hinkehren").

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Georg III. Truchseß von Waldburg. Feldherr des Schwäbischen Bundes im Bauernkrieg 

Triumphlied über die Bauern

Es handelt sich um ein Triumphlied der Sieger nach der völligen Niederwerfung des "Hellen Bauernhaufens", damit werden der Neckartaler und der Odenwälder Bauernhaufe benannt. Diese Bezeichnung findet sich im Lied, auch die angesprochenen Ereignisse in der achten Strophe weisen eindeutig darauf hin. Der Hintergrund ist die Einnahme von Weinsberg durch die Bauern. Nach dem Sieg ermordeten diese auf grausame Weise den Kommandeur der Besatzung, Graf Helfenstein, mit einigen seiner Getreuen vor den Augen seiner Ehefrau. Der Zeitpunkt der Entstehung des Liedes muss unmittelbar nach dem Ende des Bauernkrieges gewesen sein.

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Weinende Bäuerin (Albrecht Dürer) 

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Ein aufständischer Bauer (unbekannter Meister) 

Mögliche Aufgaben

1. Informiere dich über die Marschroute und die Aktivitäten des "Hellen Bauernhaufens".

2. Stelle die Forderungen der Bauern zusammen.

3. Was wird den Bauern in dem Lied vorgeworfen?

4. Wie stellt der Verfasser des Triumphliedes das Ende des Bauernkrieges dar?

5. Wie begründet er den Untergang der Bauern? Nimm dazu Stellung.

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Szene aus dem Bauernkrieg. Bauern stürmen das Kloster Weißenau, der Abt und die Mönche fliehen. (Aus der Bilderchronik des Abtes Jakob Murer von Weißenau) 

Freudenlied auf den Anbruch der Reformation

Das Lied zeigt die Aufnahme der Reformation im Herzogtum Württemberg aus der Perspektive der Bevölkerung. Als Entstehungszeit ist August 1534 anzunehmen. Aus dem Lied kann man zu Recht schließen, dass die Einführung von großen Teilen der Bevölkerung begrüßt wurde. Diese positive Einstellung gründet sich in dem vorliegenden Lied nicht auf theologische Feinheiten, sondern auf die ablehnende Haltung gegenüber den Geistlichen. Den Kontext kann man in folgendem Tafelbild verdeutlichen.

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Das Lied fand große Verbreitung. Der Bruder des Herzogs Ulrich ließ es aus nahe liegenden Gründen drucken und verbreiten. Später wurde dieses Lied immer wieder umgedichtet, allerdings erhielten sich auch einzelne ursprüngliche Strophen bis ins 19. Jahrhundert. Verfasser war ein Bäcker am Hofe Herzog Ulrichs. Das erklärt auch die Perspektive und die Vernachlässigung der theologischen Aspekte. Andererseits ist die intensive Bibelkenntnis des Autors fest zu halten, was als typisch für Protestanten des 16. Jahrhunderts gelten kann.

Mögliche Aufgaben

1. Fasse die Grundaussagen des Liedes in eigenen Worten zusammen.

2. Stelle die Beschwerden der Bevölkerung gegenüber der Geistlichkeit zusammen.

3. Welche Folgen der Reformation werden für die Landesherren genannt?

 

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Satire auf das üppige Leben der Mönche (H.S. Beham) 

 

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Johannes Brenz, württembergischer Reformator

 

 


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