Zeitschrift 

Der Landtag von
Baden-Württemberg

 

 

 

 

Heft 4/2004, 
Hrsg.: LpB



 

Inhaltsverzeichnis

BAUSTEIN B


DIE ABGEORDNETEN

Wenn sich die Fraktionen im Landtag auf eine Erhöhung der Diäten der Abgeordneten einigen, wird regelmäßig Kritik in der Presse und aus der Bevölkerung laut. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang das Wort von der "Selbstbedienungsmentalität" der Abgeordneten verwendet. Auch sonst ist das Bild von den Volksvertretern in der Öffentlichkeit nicht immer das Beste. Optische und medial vermittelte Eindrücke von Parlamentsdebatten spielen dabei eine große Rolle. Von der Selbstdarstellung oder einem Debattierklub ist hier oft die Rede. Abgeordnete glänzen nicht selten während den Plenarsitzungen durch Abwesenheit, oder sie blättern scheinbar gelangweilt in Zeitungen und Zeitschriften.

Diese Vorwürfe lassen sich in vielen Fällen schnell entkräften, wenn man einen Blick in den Terminkalender der Abgeordneten wirft. Sie haben eine ganze Fülle an Terminen zu bewältigen und nur selten einen normalen Feierabend. Eine wissenschaftliche Untersuchung von Michael Edinger, Politologe an der Universität Jena, hat verdeutlicht, dass "offenbar ein erhebliches Spannungsfeld zwischen der Ausübung des Mandats und der Gestaltung des Privatlebens (gesehen wird)". Außerdem empfinden es die Abgeordneten als belastend, dass sie nur wenig Zeit zur Verfügung haben, um sich in Probleme tiefer einarbeiten zu können. Die Fülle der Themen, mit denen sie allein im Laufe einer Woche konfrontiert werden, geht leicht ins Unüberschaubare. Darüber hinaus müssen Abgeordnete meist von einem Termin zum nächsten eilen, und dann bleiben eben nur wenige Möglichkeiten, inhaltliche Fragen tiefer gehend zu reflektieren. Ein kleinerer Teil der Abgeordneten gibt auch an, dass sie die unzureichende Akzeptanz in der Öffentlichkeit als ein Problem empfinden (vgl. Das Parlament vom 16. Februar 2004).

Fast automatisch wird die Arbeitszeit der Abgeordneten in den Zusammenhang mit ihrem Verdienst gebracht. "Für das, was die leisten, verdienen sie viel zu viel", wird gerne behauptet. In der Öffentlichkeit kursieren in diesem Zusammenhang bisweilen Summen, die weit von der Realität entfernt sind. Mehr Transparenz wird oft gefordert. Der gläserne Abgeordnete ist zwar noch nicht Wirklichkeit, aber die allermeisten der Parlamentarier sind bereit, diese Richtung zu gehen. Vieles, unter anderem auch die Abgeordnetendiäten, werden offengelegt. Dies dürfte der richtige Weg sein, damit die Abgeordneten wieder mehr Akzeptanz und Anerkennung erfahren.

In Baustein B geht es um die Darstellung der Tätigkeiten der Landtagsabgeordneten. Als Einstieg werden die Parlamentarier als demokratisch gewählte Volksvertreter thematisiert. Vorgestellt werden dann Abgeordnete, die im Parlament eine besondere Funktion erfüllen, wie z. B. der Landtagspräsident und seine Stellvertreter(innen) sowie die Fraktionsvorsitzenden. Darüber hinaus werden die meist im nichtöffentlichen Raum liegenden Arbeitsstätten der Abgeordneten behandelt: die Fraktionen, ihre Arbeitskreise sowie die Landtagsausschüsse. Die Auseinandersetzung mit dem Arbeitsalltag der Abgeordneten und mit ihrer finanziellen Entschädigung soll auch dazu dienen, eventuell kritiklos übernommene Statements zum Verdienst der Abgeordneten in Relation zu ihren Aufgaben zu setzen. Ziel des Bausteins ist daher, zu einem differenzierteren Urteil zu gelangen und so zu einer Korrektur des Bildes der Parlamentarier beizutragen, sofern dies notwendig ist.

LMZ

 

LMZ

Die Mitglieder des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport tagen wie alle (Fach-)Ausschüsse in der Regel nichtöffentlich.

 

UNTERRICHTSPRAKTISCHE HINWEISE

Als Einstieg in diesen Baustein werden folgende Themenbereiche behandelt: Wie kommen die Abgeordneten in den Landtag, und wie sieht nach der Wahl die Zusammensetzung im Parlament aus (B 1 - B 4)? Wahlmodalitäten und Einzelheiten zur Landtagswahl werden hier nicht näher behandelt (vgl. Politik & Unterricht aktuell 11/2001 und 14/2006).

In einem zweiten Abschnitt (B 5 - B 7) geht es um die besonderen Funktionen einzelner Abgeordneter. Damit die Abläufe im Landtag möglichst reibungslos funktionieren, üben einige Parlamentarier besondere Funktionen mit speziellen Aufgaben aus. Hier werden vor allem der Landtagspräsident, seine drei Stellvertreter(innen) sowie das Präsidium als parlamentarisches Steuerungsgremium vorgestellt.

Eine dritte Sequenz befasst sich mit den Fraktionen, ihren Vorsitzenden sowie den Arbeitskreisen der Fraktionen und den Ausschüssen des Landtags als den wichtigsten Arbeitsorten der Parlamentarier (B 8 - B 14). Auch das Thema "Fraktionsdisziplin", das in der Öffentlichkeit meist ähnlich undifferenziert dargestellt wird wie die Diätenfrage, wird hier diskutiert. Bei Abstimmungen geraten Abgeordnete gelegentlich in einen Gewissenskonflikt zwischen ihrer eigenen Meinung und der Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion. Weshalb ein Abstimmungsverhalten nach Parteidisziplin oft notwendig und legitim ist, ja letztlich der pragmatischen Handlungsräson des komplexen Parlamentsbetriebs entspricht, versucht B 10 zu erklären. Am Ende dieses Abschnitts wird mit den Materialien B 15 und B 16 der Petitionsausschuss behandelt. Etwa 1.500 Eingaben, die jährlich an diese "Notrufsäule für Bürgerinnen und Bürger" gerichtet werden, unterstreichen den Stellenwert dieses Ausschusses und das Vertrauen, das die Bevölkerung in diesen direkten Weg zum Parlament setzt.

In einem letzten Teil geht es um die Abgeordneten und ihre konkrete Arbeit. B 17 präsentiert vier von Schülerinnen und Schülern einer Hauptschule erarbeitete Interviews mit Abgeordneten aller Fraktionen im Landtag. Weitere persönliche Details von anderen Parlamentariern, etwa der Wahlkreisabgeordneten der Schulklassen, lassen sich über das Internet, das Volkshandbuch des Landtags von Baden-Württemberg und vor allem über die CD-ROM des Landtags recherchieren, wo nach bestimmten Kriterien (z. B. Alter, Kinderzahl usw.) gezielt gesucht werden kann. Mit einem Auszug aus dem Terminkalender eines Abgeordneten (B 18) kann darüber hinaus die tägliche Arbeitsbelastung der Parlamentarier näher ins Visier genommen werden.

Die Materialien B 19 - B 21 geben die Möglichkeit, die Diskussion um die Abgeordnetendiäten auf einer sachlichen Ebene zu führen. Hierzu werden genaues Zahlenmaterial (B 19), eine Einschätzung des Verdienstes der Parlamentarier (B 20) und nicht zuletzt der Vergleich mit Dienstbezügen und Gehältern anderer Berufsgruppen (B 21) angeboten. Anhand der Zusammenstellung in B 22 lässt sich über die Größe und die Kosten des Landesparlaments auch im Vergleich mit anderen deutschen Parlamenten diskutieren.

Insgesamt ist aber auch für diesen Baustein zu betonen: Handlungsorientierung, visuelle Eindrücke und persönliche Kontakte sind über die Behandlung des Themas mit diesem Heft hinaus ausgesprochen wichtig. Deshalb wird vorgeschlagen, ergänzende Arbeitsaufträge zu erteilen, Landtagsbesuche durchzuführen, Abgeordnete in die Schule einzuladen und als besonderes "Highlight" eine Abgeordnete bzw. einen Abgeordneten einmal bei der Arbeit einen Tag oder gar eine Woche lang zu begleiten. Im Zusammenspiel zwischen Theorie und praktischer Anschauung kann so ein realistisches Bild von der Arbeit der Landtagsabgeordneten entstehen.


 


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