Zeitschrift 

Der Landtag von
Baden-Württemberg

 

 

 

 

Heft 4/2004, 
Hrsg.: LpB



 

Inhaltsverzeichnis

B

Die Abgeordneten

Schülerinnen und Schüler befragen Abgeordnete


B 17  Schülerinnen und Schüler befragen Abgeordnete

Die Fragen zu den folgenden Interviews hat eine Schulklasse der Schillerschule Esslingen erarbeitet und Abgeordneten aus allen vier Fraktionen des Landtags gestellt:

 

LMZ

Klaus Herrmann ist seit April 1996 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Der CDU-Politiker ist Vorsitzender im Ständigen Ausschuss und Mitglied im Finanz- sowie im Wahlprüfungsausschuss. Er ist Vorsitzender des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Der 45-jährige Klaus Herrmann war bis zu seiner Wahl in den Landtag Regierungsamtmann. Er hat darüber hinaus einen Lehrauftrag an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen und ist Leiter des Stadtarchivs Gerlingen. Klaus Herrmann ist ledig und lebt in seinem Wahlkreis Ludwigsburg. Hier ist er auch Stadt- und Kreisrat.

Herr Herrmann, weshalb sind Sie Mitglied bei der CDU geworden?

Schon als junger Mensch wollte ich mich politisch betätigen. Dies ist nur in einer Partei sinnvoll möglich. Die CDU war und ist mir dabei näher als alle anderen Parteien. In der CDU wird nur so viel Staat gefordert wie unbedingt nötig ist, und im Gegenzug so viel Eigeninitiative und Handlungsspielraum wie möglich gefördert. Das hat mir imponiert, und das halte ich auch heute noch für die richtige politische Grundeinstellung.

Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?

Im Regelfall arbeite ich morgens von acht bis zehn Uhr von zu Hause aus. Dies umfasst vor allem Telefonate, da am Vormittag unter anderem Behörden am einfachsten zu erreichen sind. Anschließend bin ich in meinem Wahlkreis unterwegs, besuche zum Beispiel Institutionen und führe Gespräche. Abends besuche ich Veranstaltungen in meinem Wahlkreis oder stehe bei Zusammenkünften mit der CDU Rede und Antwort. An Sitzungstagen bin ich bereits ab 9 Uhr im Landtag. Dort finden Arbeitskreis-, Ausschuss- oder Plenarsitzungen statt. Neben meinem Mandat leite ich noch als stundenweise Beschäftigung ein Stadtarchiv und bin Dozent für Kommunalrecht an der Fachhochschule für Verwaltung. Diese Arbeit mache ich an den sitzungsfreien Tagen.

Was finden Sie denn an Ihrer Arbeit spannend und interessant?

Spannend und interessant finde ich, dass ich vielen Menschen schon bei kleinen Anliegen helfen kann und ihnen Wege aufzeigen kann, wie ihre Probleme gelöst werden können. Und dass ich meine eigenen politischen Vorstellungen und Ideen mit in die politische Diskussion einbringen kann.

Und was finden Sie eher eintönig und langweilig?

Stundenlange Sitzungen und monotone Reden, die oft schwerlich ergebnisorientiert verlaufen. Sehr zu schaffen machen mir auch die ausgesprochen langwierigen und komplizierten politischen Entscheidungsprozesse. Man hat manchmal den Eindruck, von lauter Bedenkenträgern umgeben zu sein, die überhaupt nichts verbessern wollen.

Welche Kontakte zur jüngeren Generation haben Sie?

Ich habe regelmäßig Kontakt zu den Jugendräten in meinem Wahlkreis. In den Sommerferien habe ich eine Jugendsommerfreizeit besucht. Außerdem habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu der politischen Jugendorganisation meiner Partei, der Jungen Union. In regelmäßigen Abständen treffen wir uns und tauschen unsere Meinungen aus. Regelmäßig besuchen mich im Landtag auch Jugend- und Schülergruppen, mit denen ich nach dem Besucherprogramm immer in eine Diskussion eintrete.

 

 

LMZ

Carla Bregenzer ist seit 1992 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Sie ist hochschul- und sektenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion sowie Mitglied im Wissenschaftsausschuss und im Präsidium des Landtags. Die SPD-Abgeordnete ist stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung. Die 1946 in Kaiserslautern geborene Sonderpädagogin ist verheiratet und hat eine Tochter. Carla Bregenzer lebt in Frickenhausen in ihrem Wahlkreis Kirchheim/Teck.

Frau Bregenzer, würden Sie sich als "Berufspolitikerin" oder als "Freizeitpolitikerin" (Beruf neben Abgeordnetenmandat) bezeichnen?

Ich fühle mich weder als Berufspolitikerin noch als Freizeitabgeordnete. Der baden-württembergische Landtag besteht aus Teilzeitabgeordneten, die zum großen Teil noch ihrem erlernten Beruf nachgehen. Das können vor allem Beamte und Lehrer, Rechtsanwälte, Bürgermeister und Landräte. Ich selbst bin noch mit sieben Stunden als Sprachheillehrerin tätig und berate Eltern, deren Kinder Sprachentwicklungsprobleme haben, und mache Sprachtherapie. Als Abgeordnete arbeite ich fünfzig Stunden in der Woche - und manchmal mehr - entweder im Landtag in Stuttgart, oder ich bin in den 21 Gemeinden in meinem Wahlkreis Kirchheim/Teck unterwegs.

Verraten Sie uns, wie viel Sie als Abgeordnete verdienen?

Mein Verdienst als Landtagsabgeordnete setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Zum einen erhalte ich Diäten: zwölf Mal im Jahr - ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld - derzeit 4.666 Euro, ab Februar 2005 jeweils 4.750 Euro, die ich, wie jede Bürgerin und jeder Bürger auch, versteuern muss. Die Diäten entsprechen dem Verdienst, den ich als Vollzeitsprachheillehrerin mit deutlich weniger Zeitaufwand hätte. Zum Zweiten erhalte ich für meine Ausgaben eine monatliche Pauschale von 1.692 Euro, die sich aus einer Unkosten-, einer Tagegeld- und einer Reisekostenpauschale zusammensetzt.

Was müssen Sie von diesem "Gehalt" für Ihre Arbeit als Abgeordnete alles bezahlen?

Von meinen Diäten zahle ich Abgaben an die SPD im Kreis, aus dem ich komme, denn die unterstützt mich auch im Wahlkampf, und ich zahle eine regelmäßige Rücklage für den nächsten Landtagswahlkampf. An die Landes-SPD leiste ich eine Abgabe, da von dort aus die Landtagswahlkampfkonzeption - z. B. Werbematerial, Broschüren, Plakate - zentral organisiert wird. Die Fraktion erhält eine Abgabe für die Fraktionsarbeit. Natürlich zahle ich auch einen höheren Mitgliedsbeitrag an die Partei und viele, viele Beiträge und Spenden an Vereine und Organisationen im Wahlkreis und darüber hinaus. Das sind rund 7.500 Euro im Jahr.

Die Pauschalen sind für meine Ausgaben durch Fahrten im Wahlkreis, im ganzen Land zu Veranstaltungen und nach Stuttgart, für mein Wahlkreisbüro mit Miete, Ausstattung, Gerätekosten, Telefon und Porto. Die Pauschalen reichen für meine Arbeit nicht aus. Aber das liegt daran, dass ich für meine Aufgabe im Landtag viel unterwegs bin und viele Briefe schreibe.

Was könnte man Ihrer Meinung nach tun, um junge Menschen mehr für die Politik zu interessieren?

Im Elternhaus und in der Schule werden meist die Grundlagen für politisches Interesse gelegt. Vor allem die Schule kann durch einen guten Gemeinschaftskundeunterricht Interesse wecken. Wenn junge Menschen neugierig werden auf Politik, dann verstehen sie, dass unsere Demokratie und die gewählten Politikerinnen und Politiker die Grundlagen legen und den Rahmen schaffen auch für ihre Zukunft.

Ist das Interesse geweckt, sind die Jugendorganisationen der Parteien gute Betätigungsfelder. Auch die überparteilichen Seminare der Landeszentrale für politische Bildung sind interessant. Ist die Neugier geweckt, ist ein Praktikum bei einer Politikerin oder einem Politiker spannend und man/frau liest Zeitung, mehr als "Bravo" oder "Bild". Ich lade jeden und jede herzlich ein, mich einmal einen Tag, eine Woche oder auch länger bei meiner Arbeit zu begleiten.

 

 

LMZ

Heiderose Berroth ist seit 1996 Mitglied des Landtags. Zunächst war sie bildungspolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion, seit 2001 ist sie zuständig für Umwelt- und Verkehrspolitik. Außerdem gehören noch die Frauen- sowie die Kunst- und Kulturpolitik zu ihren Aufgabengebieten. Mitte 2004 wurde Frau Berroth zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt. Frau Berroth ist seit 1996 im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung und seit 2003 im Beirat für den Schülerwettbewerb des Landtags. Sie ist 57 Jahre alt, seit 34 Jahren verheiratet und Mutter zweier Söhne, also aktive Familienfrau. Sie lebt in Renningen in ihrem Wahlkreis Leonberg, wo sie auch als Unternehmensberaterin tätig ist.

Frau Berroth, was war Ausschlag gebend für Sie, in die Politik zu gehen?

Schon während der Schulzeit war ich Klassensprecherin, ein Jahr als stellvertretende Schulsprecherin sogar Mitglied des damaligen Stuttgarter Schülerparlaments, später dann regelmäßig Elternbeirätin. Mitglied in der FDP bin ich seit 1988, aktiv Politik mache ich allerdings erst seit 1994. Weil wir uns darüber geärgert haben, dass der damals stark männlich dominierte Gemeinderat die Belange von Frauen, Kindern und Jugendlichen zu wenig berücksichtigt, haben wir in Renningen wenige Monate vor der Kommunalwahl eine überparteiliche Frauenliste gegründet, für die ich dann einen Sitz im Gemeinderat erhielt.

Die Kandidatur für den Landtag war vor allem dadurch angestoßen, dass es auch in diesem Gremium zu wenige Frauen gibt und zu wenige Menschen, die konkretes Wissen und Erfahrungen mit der mittelständischen Wirtschaft haben. Dort liegt mein eigener beruflicher Schwerpunkt.

Wie lassen sich denn für Sie Beruf, Familie und Politik vereinbaren?

So gut und so schlecht wie für jede andere aktive Frau in unserem Land. Glücklicherweise kann ich sowohl in der Politik wie in meinem Beruf die Lage meiner Termine zum Teil selbst gestalten. Aber natürlich braucht es große Akzeptanz und Mitwirkungsbereitschaft der ganzen Familie, um ein vernünftiges Miteinander zu leben. Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus ist mein steter Einsatz für eine Verbesserung der Situation der Kinderbetreuung motiviert - vermutlich werden wir aber auch hier erst eine nachhaltige Verbesserung erreichen, wenn es im Landtag und vor allem in politischen Führungspositionen noch mehr Frauen mit eigener Familienerfahrung gibt.

Welche Vorteile hat denn eine Landtagsabgeordnete gegenüber einem "Normalbürger"?

Zum Beispiel, dass wir in der Regel bei Veranstaltungen einen Platz reserviert bekommen. Allerdings ist es nicht immer nur erfreulich, in der ersten Reihe zu sitzen. Als weiteren Vorteil sehe ich es an, dass eine Abgeordnete viele interessante Menschen kennen lernt und über ihr Amt mit Themen konfrontiert wird, die sie aus eigenem Antrieb kaum angehen würde, die aber oft eine wichtige Erweiterung im Erfahrungsschatz bringen. Das im Abgeordnetenausweis genannte Recht, "bei Absperrung ungehinderten Durchlass zu gewähren", habe ich erfreulicherweise noch nie gebraucht - es ist ja wohl vor allem für problematische Situationen gedacht.

Frau Berroth, was würden Sie denn machen, sollten Sie nach den nächsten Landtagswahlen nicht mehr gewählt werden?

Ich würde es als Erstes sehr genießen, abends und am Wochenende wieder mehr Zeit für Familie, Garten und Hobbys zu haben. Und dann wieder aktiver in meinem Beruf tätig sein: Immerhin kann ich in diesem Jahr mein 25-jähriges Bürojubiläum feiern, weil ich im Dezember 1979 meinen ersten Auftrag als selbstständige Unternehmensberaterin für kleine und mittlere Familienbetriebe im Kraftfahrzeuggewerbe erhielt. Im Moment fahre ich diese Tätigkeit allerdings auf absoluter Schonflamme. Die Arbeit in einer kleinen Landtagsfraktion ist nun einmal sehr zeitaufwändig und intensiv, da wir ja nicht nur den eigenen Wahlkreis zu bearbeiten haben, sondern im ganzen Land gelegentlich Präsenz zeigen wollen. Auch sind die Sachaufgabengebiete viel größer zugeschnitten, wenn sie auf nur zehn Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion verteilt werden können.

 

 

LMZ

Renate Rastätter ist seit 1996 Mitglied des Landtags für Bündnis 90/Die Grünen. Bis 2001 war sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Die 57-jährige Realschullehrerin ist bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Deshalb hat sie ihren Arbeitsschwerpunkt im Ausschuss für Jugend, Schule und Sport. Neben ihrer Mitgliedschaft im Schulausschuss und im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung ist sie noch stellvertretendes Mitglied in weiteren Landtagsausschüssen und Beiräten, so z. B. im Petitionsausschuss, im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie im Landestierschutzbeirat. Renate Rastätter lebt mit ihrem Lebensgefährten in ihrer Heimatstadt Karlsruhe, wo sie auch ihren Wahlkreis hat.

Frau Rastätter, haben Sie sich vor Ihrer Tätigkeit als Abgeordnete in der Schule, in Vereinen und Organisationen aktiv engagiert?

Ich habe mich schon immer in meinem Leben gerne engagiert. Als Schülerin war ich in der kirchlichen Jugend aktiv, später als Studentin in einer politischen Hochschulgruppe. Während meiner Berufstätigkeit als Lehrerin war ich viele Jahre Verbindungslehrerin und GEW-Vertrauensfrau (Lehrergewerkschaft). Als in den 1970er-Jahren die Umwelt- und Friedensbewegung entstand, habe ich mich in Naturschutz- und Friedensgruppen engagiert. Auch heute bin ich noch in Umwelt- und Tierschutzverbänden aktives Mitglied.

War dieses Engagement wichtig für Ihren Werdegang?

Natürlich hat mein lebenslanges Engagement meinen Werdegang sehr beeinflusst. Ich muss mich einfach einmischen, wenn ich mit Entwicklungen oder Zuständen in der "Welt" nicht einverstanden bin. Ich habe die Einstellung gewonnen, dass dieses Einmischen einen Sinn macht, dass ich tatsächlich Einfluss nehmen und Veränderungen bewirken kann. Dadurch habe ich mir auch eine positive Lebens- und Zukunftseinstellung sowie Lebenszufriedenheit bewahrt.

Welche Kontakte zur jungen Generation haben Sie?

Leider habe ich nicht mehr so viel Kontakt zur jungen Generation wie früher, als ich noch als Lehrerin gearbeitet habe. Als bildungspolitische Sprecherin meiner Fraktion habe ich keine Zeit, "nebenher" meinen Beruf auszuüben. Gerne diskutiere ich mit Jugendlichen, die den Landtag besuchen und mit der "Grünen Jugend", der Jugendorganisation meiner Partei. Ganz besonders freue ich mich, wenn ich von Schulklassen in den Unterricht eingeladen werde. Gelegentlich bekomme ich Mails von Jugendlichen mit Fragen oder Forderungen an die Politik, die ich sehr gerne beantworte. Davon wünsche ich mir mehr, denn meistens sind es doch die Erwachsenen, die schreiben oder mich als Referentin einladen.

Als Landtagsabgeordnete sollte man über viele Bereiche, Themen und Probleme der Menschen Bescheid wissen. Wo sehen Sie Ihre Stärken, und auf welchen Gebieten haben Sie vielleicht ein wenig "Nachhilfe" nötig?

Klar ist natürlich, dass ich im Bereich Bildungspolitik topfit bin und auch sein muss, denn Bildung ist die Kernaufgabe des Landes. Bei den Umwelt- und Naturschutz- und Tierschutzthemen bin ich immer noch sehr gut informiert. Früher war ich nämlich Umweltsprecherin der Grünen im Karlsruher Gemeinderat. Die wichtigen Themen Wirtschaft und Arbeitsmarkt muss ich mir immer wieder erarbeiten. Denn es ist mir ein großes Anliegen, dazu beizutragen, dass jeder Jugendliche nach der Schulzeit eine berufliche Perspektive erhält. Meine Stärke ist mein Durchhaltevermögen, bei wichtigen Zielen am Ball zu bleiben und nicht aufzugeben. Meine Schwäche ist, dass ich mir oft zu viel auf einmal vornehme. Aber man lernt ja nie aus!

 

ARBEITSAUFTRÄGE B 17

  • Verschafft euch mit den Interviews einen Eindruck von den vier Abgeordneten. Notiert euch wichtig erscheinende Aussagen. Welche Themen und Arbeitsbereiche der Abgeordneten werden angesprochen?
  • Ihr könnt den Landtagsabgeordneten aus eurem Wahlkreis denselben Interviewbogen zusenden und die Antworten vergleichen. Überlegt aber auch andere Fragen, die euch interessieren, und ergänzt damit euer Bild von den Abgeordneten. Ladet den oder die Abgeordnete(n) eures Wahlkreises in eure Schule ein!

 


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