Zeitschrift 

Politische Denkmäler

Vier Stuttgarter Denkmäler:
Idee und Wirkung

Denkmäler für demokratische Politiker
 

Heft 4/2002, 
Hrsg.: LpB

 



 

Inhaltsverzeichnis

B 4 - B 9 

Denkmäler für demokratische Politiker

 

B 4  Vom Ärgernis zum Fotomotiv

 

Denkmal und Skulptur im öffentlichen Raum (V)

Hochgeschätztes Foto-Motiv

Der Adenauer-Kopf H. von Pilgrims am Bundeskanzlerplatz

BONN. Unsere Zeit ist nicht so denkmalfreudig wie andere Jahrhunderte. Die Demokratie bietet weniger Raum für Personenkult. Wir sind dahin gekommen, nicht mehr die herausragende Person zu schätzen, sondern nur noch die Institution, deren Rahmen auch gerne ein völlig mittelmäßiger Mensch ausfüllen darf. Die Denkmalkunst aber ist der erfolgreichen, bedeutenden Person verpflichtet.

Der erste Kanzler der Bundesrepublik aber sollte ein Denkmal erhalten - bedeutend genug war seine Leistung. So schrieb die Stiftung "Bundeskanzler Konrad-Adenauer-Haus" einen Wettbewerb für ein Denkmal aus, das vor dem Wohnhaus Adenauers in Rhöndorf aufgestellt werden sollte.

Eine Jury wählte den Entwurf des Münchner Bildhauers Hubertus von Pilgrim aus. Er kam auch zur Ausführung, aber gegen die Aufstellung des von Anfang an heftig umstrittenen Werkes gab es zähen Widerstand. Nach einigem Hin und Her gelangte das Werk nun nicht vor das Wohnhaus, sondern vor die ehemalige Wirkungsstätte des in Bronze Verewigten. Seit 1882 hat man sich nun an das sperrige Denkmal gewöhnt, und der schwarze Kopf ist eine der meistfotografierten "Ansichten" Bonns geworden - besonders bei den Besuchern aus dem Land der aufgehenden Sonne beliebt, wovon man sich täglich überzeugen kann.

Der Bund hat der Stadt den Kopf geschenkt. Die Bronzeskulptur ist aber nicht nur einfach ein Kopf, sondern in ihn sind verschiedene Reliefs eingearbeitet. Adenauers Lebensdaten finden sich dort ebenso wie ein Rosenstock als Hinweis auf des Kanzlers Hobby, aber auch gleichzeitig als Symbol für das wiedererstehende Deutschland. Man entdeckt die Kathedrale von Reims als Stätte der Versöhnung der ehemaligen "Erbfeinde" Deutschland und Frankreich; der Kölner Dom erinnert an die Zeit, da Adenauer Oberbürgermeister von Köln war; der preußische Adler deutet hin auf Adenauers Präsidentschaft des preußischen Staatsrates.

Die gebundenen Hände stellen das Dritte Reich dar, während der redende Kanzler, unter dem Bundesadler natürlich, die Zeit der Kanzlerschaft versinnbildlicht ...

Der Adenauerkopf war übrigens das erste Denkmal, das in Bonn errichtet wurde, seit Bonn Bundeshauptstadt wurde. Das nächste ist noch nicht in Sicht ...

 

 

Am Bundeskanzlerplatz ist Pilgrims umstrittenes Andenauer-Denkmal - den Kopf ziert eine symbolische Biographie des "Alten" (r.) - vielfotografierte Touristenattraktion.

Bilder: Goldberg; Text: Gerhard Charles Rump, Bonner Rundschau vom 4. September 1986

 

B 5  Das Konrad-Adenauer-Denkmal in Bonn

 

Die am 26. Mai 1982 aufgestellte Plastik mit dem Konterfei Konrad Adenauers sorgte in Bonn für viel Gesprächsstoff. Enthüllt wurde sie in Anwesenheit von Bundespräsident Carstens und Bundeskanzler Schmidt. Die etwa zwei Meter hohe Büste war vom Münchener Künstler Hubertus von Pilgrim geschaffen worden. Der höchst eigenwillig gestaltete und monumentale Bronzekopf des "Alten" war zunächst höchst umstritten. Kritik kam von Teilen der Familie Adenauer. Auch die Entscheidung der Stadt, das Denkmal des ersten Kanzlers der Bundesrepublik auf dem Bürgersteig zwischen dem Palais Schaumburg - der Wirkungsstätte Adenauers - und dem neuen Kanzleramt aufzustellen, sorgte für Widerspruch. Inzwischen haben sich die Bonner freilich längst an "ihren" Adenauer gewöhnt. Das Denkmal ist zu einer Art Wahrzeichen des Regierungsviertels geworden.

Text nach Bonner Rundschau, 26. Mai 1992

Konrad und Max Adenauer vor der Büste ihres Vaters

Bild: L. Homey

 

B 6  Wie das Denkmal vors Kanzleramt kam

 

Unsere Zeit ist nicht so denkmalfreudig wie andere Jahrhunderte. Die Demokratie bietet weniger Raum für Personenkult, und gerade diesem fühlte sich die Denkmalkunst meist verpflichtet. Aber dem ersten Kanzler der Republik sollte dennoch ein Denkmal gesetzt werden, und so schrieb die Stiftung "Bundeskanzler-Konrad-Adenauer-Haus" einen Wettbewerb für ein Denkmal aus, das vor dem Wohnhaus Adenauers in Rhöndorf aufgestellt werden sollte. Die Jury schlug zwar den Entwurf von Hubertus von Pilgrim zur Ausführung vor, und das geschah auch, aber gegen die Aufstellung des von Anfang an umstrittenen Werkes gab es heftige Widerstände. So gelangte der Kopf nicht vor das Wohnhaus, sondern vor die Wirkungsstätte des Kanzlers (1982). Mittlerweile hat man sich an das sperrige Denkmal gewöhnt und es ist eine der meistfotografierten "Ansichten" von Bonn. Es ist übrigens ein Geschenk des Bundes an die Stadt. In den (Hinter-)Kopf sind verschiedene Reliefs eingearbeitet. Adenauers Lebensdaten (geb. 1876, gestorben 1967) finden sich dort ebenso wie ein Rosenstock als Hinweis auf des Kanzlers Hobby - aber auch als Symbol für das Wiederaufblühen Deutschlands. Weiterhin sind zu sehen: Die Kathedrale von Reims als Stätte der Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich; der Kölner Dom erinnert an die Zeit, da Adenauer Oberbürgermeister von Köln war (1917-1933 und 1945); der preußische Adler verweist auf Adenauers Präsidentschaft des preußischen Staatsrates (bis 1933); die gebundenen Hände symbolisieren das "Dritte Reich", der redende Kanzler mit dem Bundesadler über ihm stellt seine Kanzlerschaft dar. Europa mit dem Stier symbolisieren Adenauers Humanismus und seine politischen Ziele, ebenso wie das Bild vom Rhein mit dem Siebengebirge nicht nur seinen Wohnort, sondern auch Europa (mit dem Rhein als dem typisch europäischen Strom) meint. Das Kruzifix steht für Adenauers christliche Gesinnung.

Kunst im Bonner Stadtbild, Bonn 1986, S. 59f.

 

B 7  Ein großer Kopf

 

Der Adenauerkopf wurde 1981 von dem Künstler Hubertus Pilgrim geschaffen, der 1931 in Berlin geboren ist und in Heidelberg und München lebt. Die Bronzeskulptur durchbricht die Konventionen herkömmlicher Denkmäler. Adenauers Kopf ist überlebensgroß gestaltet. Der Körper fehlt gänzlich und der Sockel erhebt sich nur geringfügig vom Boden. Der Hinterkopf ist nicht realistisch ausgeführt, sondern zeigt reliefartig ausgeführte Bilder und Symbole, die auf wesentliche Lebensphasen von Konrad Adenauer verweisen. Der große Kopf steht für überragende Intelligenz, Weitsicht und Durchsetzungskraft, beileibe nicht nur für den listigen Alten. Der Passant begegnet Adenauer auf Augenhöhe. Die Skulptur steht auf dem Fußgängerweg der Konrad-Adenauer-Allee direkt vor dem Bonner Bundeskanzleramt.

Christof Rieber, nach einem unveröffentlichten Manuskript von Irene Kleinschmidt-Altpeter, Kunsthistorikerin und Kuratorin am Kunstmuseum Bonn

 

B 8  Köln erhält ein Adenauer-Denkmal

 

Ein überlebensgroßer Adenauer für Köln

Am 1. Juli wird das Denkmal bei einem Volksfest enthüllt

Köln. Adenauer-Weiher, Adenauer-Ufer, Adenauer-Straße, Adenauer-Haus, Adenauer-Schule und Adenauer-Flughafen - das alles gibt es in Köln. Nur eines nicht: ein Denkmal für Konrad Adenauer, den großen Sohn der Domstadt. Aber am 1. Juli ist es soweit - eine Statue des ersten Kanzlers der Republik, der von 1917 bis 1933 Oberbürgermeister in der Metropole am Rhein war, wird von "Enkel" Helmut Kohl enthüllt.

Überlebensgroß wird der bronzene Adenauer - 2,30 Meter misst er ohne Sockel bei einem Gewicht von 400 Kilo - auf der Kreuzung Apostein- und Mittelstraße in der Nähe des Neumarkts stehen. Acht Jahre vergingen von der ersten Idee bis zur Fertigstellung. 1987 gründete sich das "Komitee zur Errichtung des Adenauer-Denkmals am Neumarkt in Köln", dessen einziges Ziel und Zweck schon der Name verrät. Zum Vorstand gehört Konrad Adenauer, Notar und echter Kanzler-Enkel.

"Statuenfeindliche Zeit"

Warum es bislang kein Denkmal in der Geburtsstadt des ersten Kanzlers gab, weiß eigentlich niemand so recht. "Wir leben in einer statuenfeindlichen Zeit", vermutet Sohn Max Adenauer, ehemals Oberstadtdirektor von Köln. "Ich habe keine Erklärung", sagt Gottfried Wolff, Vorstandsmitglied des 33-köpfigen Komitees. Als er zum 20. Todestag Adenauers 1987 las, dass die Kölner Schüler nichts mehr mit diesem Namen anzufangen wüssten, entschied er sich, den Politiker "aus der Versenkung" zu holen.

Zusammen mit Gleichgesinnten wurde beschlossen, ein Denkmal aufzustellen und dazu ein Komitee zu gründen, das Spenden sammelte. Wolff veranschlagte 500.000 Mark Kosten, und dabei blieb es auch. Doch die mussten erst einmal zusammengetragen werden. Die Einzahlungen auf das Spendenkonto reichten laut Wolff von bescheidenen 1,67 Mark - "anonym aus Bonn" - bis zu einer Summe von mehr als 10 000 Mark aus einer nicht genannten Privatschatulle. Einige Firmen spendeten noch größere Beträge.

Münchner Künstler

Mit der Suche nach einem Künstler hatte das Komitee zunächst Pech: Ein Wunschkandidat starb, noch bevor er den Auftrag erhielt. Für ihn sprang der Münchner Professor Karl Wimmer ein, der 1991 mit der Arbeit begann, aber ein Jahr später ebenfalls starb. Er hinterließ eine Statue ohne Kopf. Das Werk vollendete schließlich sein Schüler Gerd Weiland. Mit dessen Arbeit ist Wolff sehr zufrieden. "Er hat ein Jahr lang am Kopf herummodelliert. Aber es hat sich gelohnt."

Kanzler-Sohn Max, 84, ist sehr zufrieden, dass es in Köln ein Adenauer-Denkmal geben wird: "Wir freuen uns", spricht der Jurist für die Familie. "Und wir danken den Initiatoren um Gottfried Wolff, die trotz der Widerstände die Idee verwirklicht haben. Die Stadt Köln hat leider kein Geld gegeben." Besonders freut Max Adenauer, dass die Statue im Rahmen eines Volksfestes enthüllt wird. "Das wird keine steife Angelegenheit, sondern ein Fest für die Bürger."

 

Aus einem Bericht des General-Anzeigers Bonn, 27. Juni 1995 (Tatjana Flade)

 

B 9  Die Einweihung 1995

 

Das Kölner Adenauer-Denkmal wurde am 1. Juli 1995 in Anwesenheit von Bundeskanzler Kohl eingeweiht. Das Denkmal ehrt das Andenken an den einstigen Oberbürgermeister der Stadt (1917-1933 und Mai bis Oktober 1945). Die 2,30 Meter hohe Bronzeskulptur gewinnt ihre Monumentalität durch Überlebensgröße und den voluminösen Mantel, der den Kopf klein erscheinen lässt. Ein nennenswerter Sockel fehlt genauso wie beim Bonner Adenauer-Denkmal, denn hohe Sockel passen nicht zum Ideal eines demokratischen Politikers und zum Zeitgeist im Nachkriegsdeutschland, dem übertriebene Heroisierung und starkes Pathos fremd sind.

Bilder B8, B9: dpa

 


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