Zeitschrift Politische Denkmäler Vier Stuttgarter
Denkmäler: Denkmäler für
demokratische Politiker
Heft 4/2002,
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Während der ersten deutschen parlamentarischen Demokratie wurden politische Denkmäler für demokratische Politiker zu einem schwierigen Kapitel, weil es stets darauf ankam, sich vom Typus des vordemokratischen, obrigkeitsstaatlichen Herrscherdenkmals abzusetzen, zu dem der Betrachter untertänig aufzuschauen hatte. Die Darstellung demokratischer Politiker auf Münzen oder Briefmarken war dagegen nach wie vor selbstverständlich. Drei Wege zur Lösung des Problems, Denkmäler für demokratische Politiker zu schaffen, sind beschritten worden:
Friedrich Ebert und Franz Josef Strauß (B 1 bis B 3) Als es nach dem Tod des ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik Friedrich Ebert darum ging, sein Andenken zu ehren, wählte man bewusst nicht ein porträthaftes Denkmal in Ganzfigur. Wegen Eberts gedrungener und korpulenter Figur griff man zu einer allegorischen Darstellung (B 1). Eine Darstellung als Bronzebüste oder Bronzemedaillon hielt man offensichtlich nicht für gewichtig genug. Ähnliche Überlegungen dürften viel später dazu geführt haben, beim Andenken für Franz-Josef Strauß ein abstraktes Denkmal zu wählen und nicht eine Darstellung in Ganzfigur. Im Jahr 1990 ist gegenüber dem Eingang zur Hanns-Seidel-Stiftung im Kloster Banz ein Gedenkstein für Franz-Josef Strauß angebracht worden. Es handelt sich um einen mannshohen Granitstein in der Form eines Findlings (B 3), der assoziieren lässt, dass es sich bei demjenigen, dessen gedacht wird, um politisches Urgestein handelt. Beim Denkmal für Friedrich Ebert an der Frankfurter Paulskirche war ein stehender Jüngling dargestellt, der die Hand zum Schwur erhebt. Der Bildhauer Professor Richard Scheibe hatte ihn 1926 als Symbol für den Aufbruch der Nation geschaffen. Die herbe, spätexpressionistische Skulptur wurde1933 von den Nazis entfernt. Ihnen ging es darum, das Andenken für jenes demokratisch gewählte sozialdemokratische Staatsoberhaupt zu tilgen, den sie als "Novemberverbrecher" beschimpften. Den Aufbruch zur Freiheit, den die allegorische Darstellung des Ebert-Denkmals darstellen sollte, nahmen die Nationalsozialisten für sich selbst in Anspruch. Als man 1950 daran ging, das zerstörte Ebert-Denkmal an der Paulskirche wiederherzustellen, änderte man wegen des mittlerweile geänderten Geschmacks die herben Züge der Skulptur und gab ihr klassisch harmonische, an der griechischen Antike orientierte Züge (B 2). Es ist sicher kein Zufall, dass etliche Jahre später beim Mahnmal für die Opfer des 20. Juli 1944 im Hof des ehemaligen Bendlerblocks in Berlin ebenfalls eine männliche Aktdarstellung mit klassischen Zügen gewählt worden ist. Vom Formengut her suchte man nach überzeitlich geltenden Ausdrucksmitteln von Heroismus, und dies in bewusstem Gegensatz zum hypertrophen Heroenkult der NS-Kunst. Wir haben es beim Ebert-Denkmal von 1950 mit einem, wenn nicht mit dem frühesten Zeugnis der jungen parlamentarischen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland überhaupt zu tun. Die Schaffung der parlamentarisch-demokratischen Republik von 1918/19 wird mit einem Denkmal gewürdigt, in dem einer einzelnen Person gedacht wird. Konrad Adenauer und Willy Brandt (B 4 bis B 16) Erst bei jenen beiden Nachkriegspolitikern der Bundesrepublik Deutschland, die gleichermaßen als strukturbildende und charismatische Politiker und Demokraten gelten, kam man wieder zu Denkmälern mit porträthaften Zügen. Die Rede ist von den beiden Bundeskanzlern Konrad Adenauer (1949-1963) und Willy Brandt (1969-1974). Das Bonner Adenauer-Denkmal von 1982 stellt insofern eine eigenständige und eigenwillige Lösung dar, als nur Adenauers Kopf dargestellt ist, nicht aber sein Rumpf
(B 4, B 7). Neben dem porträthaft gestalteten Gesicht fallen am Hinterkopf mehrere bildliche Darstellungen auf, die am ehesten mit dem Stuttgarter Eugen-Bolz-Denkmal zu vergleichen sind Zugänge im Unterricht Was sollen Denkmäler für demokratische Politiker im Schulunterricht? In einem vorausgehenden Schritt kann an den beiden Fassungen des Frankfurter Ebert-Denkmals erfahren werden, dass allegorische Darstellungen den Vorteil haben, eine Idee zu visualisieren, während die Persönlichkeit des Politikers hinter seiner Leistung (freiheitlicher, demokratischer Aufbruch) zurücktritt. Die Denkmäler für Adenauer und Brandt erlauben es, Sichtweisen augenfällig zu machen, wie in den beiden letzten Jahrzehnten ihr prägender, strukturbildender Einfluss auf die demokratische Entwicklung Deutschlands gesehen wird. Vorbilder eignen sich in einer Demokratie weder zu blinder noch zu untertäniger Verehrung, sondern zur lebendigen, also auch kritischen Auseinandersetzung. Mit welchen Mitteln die vorgestellten Denkmäler eine solche schöpferische Auseinandersetzung ermöglichen und nicht zu staunender Überwältigung des Betrachters anregen, sollte Gegenstand des Unterrichts sein. Dies kann in fächerübergreifendem Unterricht der Fächer Geschichte und Bildende Kunst geschehen, aber auch in einer Bilanz zur westdeutschen Nachkriegsgeschichte vorkommen. Schließlich ist auch an ein Projekt "Politische Denkmäler für demokratische Politiker" zu denken, natürlich auch an eine Spurensuche in Berlin, bei der die Parteizentralen von SPD und CDU vergleichend erkundet werden. Mögliche Aufgaben
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