Zeitschrift

Die sechziger Jahre

in der Bundesrepublik Deutschland


Baustein D: D11 - D14
Reaktionen


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Inhaltsverzeichnis

 

D 11 Der Bundesjustizminister Gustav Heinemann

Aus der Ansprache zu den Osterunruhen 1968

Diese Tage erschütternder Vorgänge und gesteigerter Unruhe rufen uns alle zu einer Besinnung... Sowohl der Attentäter, der Rudi Dutschke nach dem Leben trachtete, als auch die elftausend Studenten, die sich an den Demonstrationen vor Zeitungshäusern beteiligten, sind junge Menschen. Heißt das nicht, dass wir Älteren den Kontakt mit Teilen der Jugend verloren haben oder ihnen unglaubwürdig wurden?

Das Kleid unserer Freiheit sind die Gesetze, die wir uns selber gegeben haben. Diesen Gesetzen die Achtung und Geltung zu verschaffen, ist Sache von Polizei und Justiz. Es besteht kein Anlass, zu zweifeln, dass Polizei und Justiz tun, was ihre Aufgabe ist...

Zu den Grundrechten gehört auch das Recht zu demonstrieren, um öffentliche Meinung zu mobilisieren. Auch die junge Generation hat einen Anspruch darauf, mit ihren Wünschen und Vorschlägen gehört und ernst genommen zu werden. Gewalttat aber ist gemeines Unrecht und eine Dummheit obendrein. Es ist eine alte Erfahrung, dass Ausschreitungen und Gewalttaten genau die gegenteilige öffentliche Meinung schaffen, als ihre Urheber wünschen. Das sollten - meine ich - gerade auch politisch bewegte Studenten begreifen und darum zur Selbstbeherrschung zurückfinden.... Uns (im) Grundgesetz zusammenzufinden und seine Aussagen als Lebensform zu verwirklichen, ist die gemeinsame Aufgabe.

Arnulf Baring: Machtwechsel, Stuttgart (Deutsche Verlagsanstalt) 1982, S. 70 f.

D 12 Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger

Ansprache nach dem Attentat auf Rudi Dutschke

Meine verehrten Zuhörer! In dem Zusammenhang mit dem verbrecherischen Anschlag auf Rudolf Dutschke haben in den beiden letzten Tagen radikale studentische Gruppen in einigen deutschen Städten eine Reihe von gewalttätigen Aktionen unternommen.

Diese Studentengruppen werden angeführt von kleinen, aber militanten linksextremistischen Kräften, die sich die Zerstörung unserer parlamentarisch-demokratischen Ordnung offen zum Ziel gesetzt haben. Sie haben seit langem derartige Gewalttätigkeiten propagiert und durchgeführt.

In unserer Demokratie haben die Vertreter jeder politischen Meinung das unbestreitbare Recht, diese zum Ausdruck zu bringen und für sie zu werben. Keiner Gruppe kann aber das Recht zugestanden werden, ihre politischen Auffassungen und Ziele mit Gewalt durchsetzen zu wollen. Die staatlichen Reaktionen waren bisher bewusst zurückhaltend, um unnötige Opfer zu vermeiden. Seit Wochen wurden jedoch diese Gruppen davor gewarnt, ihre ungesetzlichen Aktionen fortzusetzen, weil sonst zwangsläufig die Mittel der staatlichen Abwehr verschärft werden müssten. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass sich Gegenaktionen aus der Bevölkerung entwickeln könnten, die zu gefährlichen Zusammenstößen und Unruhen führen müssten...

Das Attentat eines keiner politischen Gruppen angehörigen abseitigen Verbrechers sollte für uns ein Alarmsignal sein. Gewalt provoziert Gegengewalt, die sich zwangsläufig ständig ausbreiten und steigern muss. Um eine solche unheilvolle Entwicklung zu vermeiden, muss sich der weit überwiegende Teil der Studentenschaft, die für die Aufrechterhaltung unserer demokratische-parlamentarischen Ordnung eintritt, den radikalen Rädelsführern verweigern...

Ich weiß mich in der Entschlossenheit, kein gewaltsame Störung der rechtsstaatlichen Ordnung, komme sie von wem sie wolle, zu dulden, mit unserem Volke einig.

Carsten Seibold (Hg.): Die 68er. Das Fest der Rebellion, München (Knaur) 1988, S. 246 f.

D 13 Schlagzeilen und Gegendemonstration

a) Bildzeitung

Otto, Karl A.: APO. Die außerparlamentarische Opposition in Quellen und Dokumenten (1960-1970), Köln (Pahl-Rugenstein) 1989, S. 267. Nach: Der Spiegel 6.5.1968

b) Protest in Berlin gegen den SDS und die "unbelehrbaren" Studenten Bild: Ullstein

D 14 Antiprotest-Lied

Von Freddy Quinn

Wer will nicht mit Gammlern verwechselt werden

- Wir

wer sorgt sich um den Frieden auf Erden

- Wir

Ihr lungert herum in Parks und in Gassen,

wer kann Eure sinnlose Faulheit nicht fassen

- Wir, Wir, Wir

Wer hat den Mut für Euch sich zu schämen

- Wir

wer lässt sich unsere Zukunft nicht nehmen

- Wir

wer sieht Euch alte Kirchen beschmieren,

und muss vor Euch jede Achtung verlieren

- Wir, Wir Wir

(Mit Chorus):

Denn jemand muss da sein,

der nicht nur vernichtet,

der uns unseren Glauben erhält,

der lernt, der sich bildet, sein Pensum verrichtet,

zum Aufbau der morgigen Welt...

Wer hat noch nicht die Hoffnung verloren

- Wir

wer dankt noch denen, die uns geboren

- Wir

doch wer will weiter nur protestieren, bis nichts mehr da ist zum Protestieren

- Chorus: Ihr, Ihr, Ihr.

Bernd Müllender / Achim Nöllenheidt (Hg.): Am Fuß der blauen Berge, Essen (Klartext Verlag) 1994, S. 209.


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